Ein Jahr vor der EM im eigenen Land: Aufbruch sieht anders aus

Der Confederations Cup, der kleine Stiefbruder der Fußball-Weltmeisterschaft, genießt in Deutschland seit jeher einen eher zweifelhaften Ruf. Ein Wettbewerb, den niemand brauche, sei das, der daher auch völlig zurecht inzwischen abgeschafft wurde. Das ist unfair, denn eigentlich sollten die Deutschen den Confed-Cup innig lieben.

1999 leistete die Teilnahme der Nationalmannschaft am Confed-Cup in Mexiko wertvolle Lobbyarbeit für die Bewerbung um die WM 2006. 2017 bescherte der Confed-Cup den Deutschen den bis heute letzten Titel, und 2005 war der Confed-Cup in Deutschland so etwas wie das beschwingte Vorspiel zum Sommermärchen.

Nach vielen bleiernen Jahren war das Turnier ein Jahr vor der WM im eigenen Land ein erster Hinweis darauf, dass der Optimismus des neuen Bundestrainers Jürgen Klinsmann nicht bloß ein Hirngespinst war.

Ein Jahr vor der Europameisterschaft im eigenen Land gibt es leider keinen Confed-Cup, der die Funktion eines Stimmungsaufhellers übernehmen könnte. Wobei: Vielleicht ist das auch ganz gut so. Wer weiß, ob die Nationalmannschaft in ihrer aktuellen Verfassung die Stimmung nicht noch weiter runterziehen würde?

Die Zweifel wachsen

An diesem Mittwoch in einem Jahr werden die deutschen Fußballer in München die Europameisterschaft eröffnen. Echte Vorfreude im Land ist bisher nicht zu spüren, eher indifferent ist die Haltung des Publikums mit Blick auf dieses Turnier, das nach der Vorstellung des Deutschen Fußball-Bundes zu einem Sommermärchen 2.0 werden soll.

Im Moment wachsen vor allem die Zweifel. Das liegt zum einen an der generellen Entwicklung des Fußballs, der sich in den vergangenen fast zwei Jahrzehnten immer weiter von der Lebenswirklichkeit seiner Anhänger entfernt hat. Diese Entfremdung lässt sich auch nicht mit ein paar kleinen Zeitfenstern der Nationalmannschaft für das Thema Fannähe nicht zurückdrehen.

Vor allem aber liegt es an der Nationalmannschaft selbst, die in den vergangenen Jahren viel Vertrauen verspielt hat. Auch das jüngste 3:3 gegen die Ukraine, das für neutrale Zuschauer recht hübsch anzusehen gewesen sein mag, hat die Vorbehalte nicht vertrieben, sondern eher verstärkt. Nach einer frühen Führung und einem druckvollen Beginn gerieten die Deutschen gegen einen international allenfalls mittelmäßigen Gegner zwischenzeitlich 1:3 in Rückstand.

Ein Sieg, ein Unentschieden, eine Niederlage: Das ist die Bilanz der ersten drei Länderspielen nach der verkorksten WM in Katar. Aufbruch sieht anders aus.

Dem Team von Bundestrainer Hansi Flick fehlt es an Wettkampfhärte und zum Teil auch an Widerstandsfähigkeit. Hartnäckig ist die Mannschaft allenfalls daran, die schon oft beklagten Fehler vor allem in der Defensive immer wieder aufs Neue zu begehen.

Selbst der Bundestrainer, der qua Amt zum Optimismus verpflichtet ist, hatte im Spiel gegen die Ukraine zwischenzeitlich den Eindruck, dass seine Spieler „relativ schnell das Vertrauen in ihre Qualität verlieren“.

Flick ist immer noch der Ansicht, dass seine Mannschaft im Prinzip alles hat, was man braucht, um erfolgreich zu sein und damit das Publikum zu begeistern. Das ist ganz sicher kein Hirngespinst. Aber entscheidend ist allein, dass diese Qualitäten nicht nur in der Theorie existieren, sondern auch auf dem Rasen zu sehen sind. Sonst fällt das irgendwann auch auf den Trainer zurück.