Louis van Gaal und seine Mission in Katar: Schöner scheitern war einmal
Als Louis van Gaal vor dem ersten Spiel der holländischen Fußball-Nationalmannschaft in Katar gefragt wurde, wie man mit dem Verbot der One-Love-Kapitänsbinde umzugehen gedenke, da fiel seine Reaktion maximal schroff aus. Dazu äußere er sich nicht mehr, erklärte der Bondscoach, für ihn zähle ab jetzt nur noch der Sport. Ende der Ansage.
Als Hansi Flick vor dem ersten Spiel der deutschen Nationalmannschaft in Katar gefragt wurde, wie man mit dem Verbot der One-Love-Kapitänsbinde umzugehen gedenke, lächelte Flick süffisant. Mit der Frage habe er gerechnet, antwortete der Bundestrainer – und nahm dann ausführlich Stellung.
Die kleine Begebenheit vom Beginn der WM in Katar erzählt einiges: über die Deutschen und ihren Trainer, die sich bei diesem Turnier irgendwie verzettelt haben. Aber auch über die Niederlande und ihren Trainer van Gaal, für den mit dem ersten Anpfiff nur noch eines zählte: alles dafür zu tun, dass seine imposante Karriere mit dem größten aller Titel zu Ende geht.
Ich will Weltmeister werden.
Louis van Gaal, Bondscoach der holländischen Nationalmannschaft
„Ich will Weltmeister werden“, sagt van Gaal, inzwischen 71 Jahre alt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Das mag vermessen klingen für ein Land, das sich für zwei der jüngsten vier großen Turniere nicht einmal qualifizieren konnte. Aber dass van Gaal ein klares Ziel vor Augen hat, genau das sieht man jetzt. Die Welt als Wille und Vorstellung.
Nun, da die WM in ihre entscheidende Phase eintritt, sind die Deutschen längst wieder zu Hause – und die Holländer nach dem Sieg im Achtelfinale gegen die USA immer noch mittendrin im Geschehen. Natürlich hat das auch was mit dem Trainer zu tun. Beziehungsweise mit den Trainern.
Der ganze Auftritt der Holländer in Katar zeichnet sich durch eine bestechende Klarheit aus. Während Hansi Flick einem Ideal nachgejagt ist, hat van Gaal die Defizite in seinem Kader deutlich identifiziert und eine Idee entwickelt, wie sich diese Defizite am besten überspielen lassen. Das hat er schon bei der WM vor acht Jahren erfolgreich praktiziert, als er der Elftal statt totalem Fußball die totale Defensive verordnete und es auf diese Weise immerhin ins Halbfinale schaffte.
Für viele seiner Landsleute stellt das immer noch eine immense Zumutung dar, weil ihr fußballerisches Überlegenheitsgefühl vor allem ästhetisch begründet war. Van Gaal aber hat den Erfolg über die Schönheit gestellt. Schön spielen und scheitern: Das war mal eine Spezialität der Holländer. Inzwischen können die Deutschen das besser.
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