Deutschland hält vor dem Viertelfinale die Intensität hoch
Vier Minuten vor Schluss zog Alexandra Popp noch mal einen Sprint über 20 Meter bis an die gegnerische Grundlinie an und ermöglichte so eine Torchance für Laura Freigang. Ein Sinnbild für den Auftritt des deutschen Teams gegen Finnland im letzten Gruppenspiel bei dieser Fußball-EM. Der Gruppensieg und der Einzug ins Viertelfinale standen bereits fest – eine gute Gelegenheit zu rotieren und vor allem Kräfte zu schonen für die K.o.-Phase.
Die deutsche Elf hatte allerdings andere Pläne und zeigte eine sehr engagierte Leistung. „Wir waren von Anfang an im Spiel und haben es seriös gelöst. Es war jetzt nicht brillant, wir haben die Wege heute aber trotzdem wieder gemacht“, lautete das Fazit der Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg.
Dass Deutschland vom Anpfiff weg so loslegte, lag vor allem an den Spielerinnen, die neu in die Startelf gerückt waren wie Linda Dallmann oder Sophia Kleinherne, die kurz vor Ende der ersten Halbzeit für die Führung gesorgt hatte. Allein in den ersten zehn Minuten hatte das deutsche Team bereits drei gute Gelegenheiten durch Popp, Klara Bühl und Sara Däbritz.
Die schlechte Chancenverwertung ist letztlich auch der einzige Kritikpunkt. Etwas, das gegen Spanien noch ganz anders aussah. „Natürlich gibt es auch an diesem Sieg heute leider wieder etwas zu meckern, aber das sind die Kleinigkeiten, die wir bis zum Viertelfinale noch abstellen müssen“, kritisierte Kleinherne. „Zum Beispiel in der Boxbesetzung, im Flankenspiel, dass der zweite Pfosten oft nicht besetzt war.“
Selbstkritik statt Höhenflug
Diese Selbstkritik zeichnet das deutsche Team aus und ist durchaus auch lobenswert. Gegen Finnland aber ist das Ergebnis nun mehr als in Ordnung. Denn gegen die tief stehende Mannschaft von Nationaltrainerin Anna Signeul, die teilweise mit sieben Spielerinnen im eigenen Strafraum verteidigte, muss man auch erstmal einen Weg finden, überhaupt zum Torabschluss zu kommen. Das verdeutlicht auch die Statistik mit 31 abgegebenen Torschüssen Deutschlands, von denen lediglich sieben aufs Tor kamen.
Der Schlüssel zum Erfolg waren schließlich die Flanken und das Spiel über außen. Dort zeigten erneut Giulia Gwinn und Svenja Huth eine starke Leistung, die sehr gut harmonieren und durch ihre ständige Rotation schwer zu verteidigen sind. So war es auch ein toller Spielzug dieser beiden, der nach einem Pass von Huth auf Gwinn und deren Flanke auf Kleinherne in der Mitte zum 1:0 führte.
Neben der Offensive ist erwähnenswert, dass die DFB-Elf die Gruppenphase ohne Gegentor überstanden hat. Das lag zum einen an Torhüterin Merle Frohms, zum anderen aber auch an der guten deutschen Defensive, die kaum Chancen für die Gegnerinnen zuließ. „Wer vor der Vorrunde gesagt hätte, dass wir in dieser Gruppe mit neun Punkten herausgehen und mit einem Torverhältnis von 9:0, das ist bravourös“, sagt Voss-Tecklenburg.
Gegen Finnland konnte die deutsche Elf nicht über die ganze Spielzeit das hohe Tempo halten und genehmigte sich zwischendurch, wenn auch selten, Pausen. Man merkte dem deutschen Team die bisherigen intensiven Gruppenspiele an. „Es waren ein paar Kleinigkeiten drin, die ein bisschen gehakt haben, vielleicht auch nicht ganz so die Frische. In der Präzision und in der letzten Energie ist es, wenn du 3:0 führst auch normal, dass nicht mehr alles gelingt“, sagt Voss-Tecklenburg.
Nicole Anyomi mit einem erfolgreichen EM-Debüt
Es wurde viel über die Qualität der Ersatzspielerinnen gesprochen, die sich nun auch gegen Finnland wieder zeigte. Zum Beispiel durch die ehrgeizige Nicole Anyomi, die in der zweiten Halbzeit ihr EM-Debüt gab und prompt ein Tor erzielte. „Ich habe lange auf die Spielzeit gewartet und jetzt habe ich endlich mal die Chance bekommen, zu spielen und wollte einfach mein Bestes geben“, so die Torschützin zum 3:0.
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Insgesamt bewies die deutsche Mannschaft erneut eine tolle Mentalität. Alle Spielerinnen auf dem Platz waren voller Spielfreude und wollten ihre beste Leistung zeigen. Möglicherweise braucht es das deutsche Team auch für den Kopf, diese Intensität hochzuhalten. Vielleicht haben sie sich auch das letzte Gruppenspiel der Engländerinnen angeschaut, die 5:0 gegen Nordirland gewannen und wollten dementsprechend nachlegen.
Im Gegensatz zum Viertelfinalgegner Österreich konnte Deutschland seine Stammkräfte etwas schonen und hat damit möglicherweise einen kleinen Vorteil vor dem ersten K.o.-Spiel am Donnerstag in Brentford (21 Uhr, Dazn).