Die deutschen Handballer verpassen das EM-Halbfinale
Es ist eine Aktion, die man bei Johannes Golla immer wieder bewundern darf. Unter Bedrängung bekommt er den Pass zugespielt, fängt den Ball fast im Fallen, aber schafft es noch, sich rechtzeitig Richtung Tor auszurichten und das Spielgerät zielgenau abzufeuern. Meist landet der Ball dann im Netz oder es gibt einen Siebenmeter.
So auch gegen Schweden im dritten Hauptrundenspiel der Europameisterschaft. Doch trotz des unbändigen Einsatzes des Kapitäns musste die deutschen Handball-Nationalmannschaft letztlich eine 21:25(10:12)-Niederlage hinnehmen und das Erreichen des Halbfinales abhaken.
“Ich glaube, wir wollten manchmal zu schnell zu viel und haben deswegen zu viele Fehler gemacht”, sagte Golla. “Das ist besonders schade, weil Schweden heute schlagbar gewesen wäre.”
Dabei zählt er zu den Akteuren, die zeigen, welches Potential auf lange Sicht in der DHB-Auswahl steckt. Genauso steht es um Julian Köster, der in Bratislava seine ersten Länderspiele absolvierte und mit seiner Kaltschnäuzigkeit imponierte. Gegen die Schweden war es der 21 Jahre alte Gummersbacher, der sich in den ersten Minuten ein Herz fasste und ohne Scheu die gegnerische Deckung herausforderte.
Doch wie es nun einmal bei jungen Spielern oft der Fall ist, fehlte es an Stabilität. Beeinträchtigt durch die schwierige Situation, bei der es dem deutsche Kader an Eingespieltheit mangelt, leisteten sich die Deutschen zu viele Ballverluste.
Golla verkürzte nach 25 Minuten zwar einmal mehr durch ein Paradetor auf 9:10, doch die Schweden bauten den Vorsprung im Gegenzug sofort wieder aus.
Verantwortlich war dafür maßgeblich Jim Gottfridsson. Er, der mit Golla zusammen in Flensburg unter Vertrag steht und sonst für dessen In-Szene-Setzen verantwortlich ist, zog für die Schweden wieder beeindruckend die Fäden. Hier spielte er den Kreis frei, dort passte er den Ball punktgenau zu seinem Nebenmann und wenn gar nichts mehr ging, suchte er selbst den Torerfolg.
Probleme im Angriff
Diese Spielzüge kennt Golla natürlich. Vielleicht lag es auch daran, dass die deutsche Defensive mit zunehmender Spielzeit zunehmend besser die Kreise des Mittelmannes stören konnte. Das Problem blieb allerdings der Angriff. Zu oft wurden zu schnell Würfe ausgewählt, zu risikoreiche Pässe gespielt und dadurch mehrmals eine mögliche Führung verschenkt. Schweden bedankte sich, baute der Vorsprung aus und siegte.
Trotzdem gab es nach Abpfiff den Applaus der versammelten deutschen Fans. Sie wussten den Einsatz zu schätzen – erst recht bei den aktuellen Herausforderungen durch zwölf mit dem Coronavirus infizierte Spieler. Diese wurden derweil zum Teil bereits zurück nach Deutschland transportiert. Ihre PCR-Tests ließen wenig Hoffnung, dass einer von ihnen in das Turnier zurückkehren könnte.
Treten keine neuen Fälle im Team auf, dürfte die deutsche Auswahl also im letzten Spiel gegen Russland (Dienstag, 18 Uhr/ ZDF) mit dem gleichen Kader auflaufen. Wieder angeführt von Johannes Golla, von dem zu erwarten ist, dass er sich erneut voll reinwirft.