Wout van Aert diesmal nicht zu schlagen
Mit einer spektakulären Attacke an den Kreidefelsen der Kanalküste hat Wout van Aert den Bann als ewiger Zweiter der 109. Tour de France gebrochen und endlich seinen ersten Etappensieg gefeiert. Nach zuvor drei zweiten Plätzen gewann der Belgier am Dienstag die vierte Etappe und baute seinen Vorsprung in der Gesamtwertung weiter aus. Und am Mittwoch kommt mit der Kopfsteinpflasteretappe zum berüchtigten Wald von Arenberg ein Stück wie gemalt für den belgischen Alleskönner.
Elf Kilometer vor dem Ziel setzte sein Team Jumbo-Visma eine brutale Attacke an der knapp einen Kilometer langen Cote du Cap Blanc-Nez. Das Team mit den Favoriten Primoz Roglic und Jonas Vingegaard fuhr das gesamte Feld auseinander, auch Titelverteidiger Tadej Pogacar hatte zunächst Probleme. Van Aert ging als Erster über die Kuppe und raste allein in Richtung Ziel. Dahinter fuhr das Feld nach einer kurzen unübersichtlichen Phase wieder zusammen.
„Wir hatten mit der Mannschaft was vor. Wir waren in einer perfekten Position. Das war schon hart. Wir haben gehört, dass wir einigen Schaden angerichtet haben. Dann bin ich alleine durchgefahren“, sagte van Aert. Dessen Landsmann Jasper Philipsen gewann als Zweiter den Sprint des Feldes und dachte zunächst, er hätte die Etappe gewonnen. Schließlich wurde er vom drittplatzierten Christophe Laporte aufgeklärt.
Der erste Tag nach dem Dänemark-Gastspiel verlief zunächst wie die Flachetappen in Skandinavien. Bergtrikot-Träger Magnus Cort riss aus – diesmal mit dem Franzosen Anthony Perez – dahinter langweilte sich das Feld bis zu Attacke von van Aert. Durch die gesammelten Punkte dürfte der in seiner dänischen Heimat gefeierte Cort das Bergtrikot erst bei der ersten Bergankunft am Freitag verlieren.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Deutlich mehr Spannung verspricht das Teilstück am Mittwoch von Lille nach Arenberg. Elf Kopfsteinpflastersektoren müssen bewältigt werden, der erste kommt nach rund 74 Kilometern. Insgesamt stehen 19,4 Kilometer des holprigen Untergrunds der nordfranzösischen Feldwege auf dem Programm. Im Vergleich zur bisher letzten Kopfsteinpflasteretappe der Tour 2018 wählten die Organisatoren längere Sektoren.
Damals feierte John Degenkolb einen der emotionalsten Siege seiner Karriere. Am Mittwoch geht es zudem zwischen Erre und Wandignies über Teile des Pavé-Sektors, der Degenkolbs Namen trägt. Das Pavé gehört mit vier Sternen zur zweitschwersten Kategorie und ist das einzige im Programm des Klassikers Paris-Roubaix, das nach einem noch aktiven Profi benannt ist. Degenkolb, der den Klassiker durch die Hölle des Nordens 2015 gewann, zählt zu den prominenten Förderern eines Vereins, der sich für den Erhalt der Kopfsteinpflasterpassagen einsetzt.
Am Mittwoch geht es durch die Hölle des Nordens
Fraglich ist, ob Degenkolb die Form hat, seinen Coup von vor vier Jahren zu wiederholen. Kurz vor der Tour warf ihn eine Coronainfektion zurück. Der Routinier weiß nicht so recht, wo er steht. „Die Werte bei den medizinischen Tests waren unauffällig und auch beim Training habe ich nichts gemerkt. Aber so richtig sehen wird man es erst im Rennen“, sagte der Thüringer.
Als Top-Favorit gilt Mathieu van der Poel, der die Flandern-Rundfahrt bereits zweimal gewann. Aus deutscher Sicht könnte zudem Nils Politt Chancen haben. Der deutsche Meister ist in Top-Form, wurde 2019 Zweiter bei Paris-Roubaix. Womöglich muss der Kölner jedoch seinen Kapitän Alexander Wlassow beschützen und sicher über das Pflaster geleiten.