Nilüfer Yanya live in Berlin: Unter der Mitternachtssonne

Geschmückte Tanne, Kettenkarussell, Glühweinstand – auf dem Gelände der Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg ist der Weihnachtsrummel in vollem Gange. Doch die Menschenschlange, die sich vor dem Kesselhaus durch das Treiben schiebt, hat damit nichts zu schaffen. Ihr Ziel ist das Konzert der britischen Musikerin Nilüfer Yanya – und damit eine komplett gegensätzliche Erfahrung.

Andächtige Stille legt sich über die Halle, als die Pausenmusik verklingt und das Licht ausgeht. Sie löst sich auf im Begrüßungsjubel für „Method Actor“, das Titelstück von Yanyas im September erschienenem dritten Album. Trotz des eckigen Schlagzeug-Grooves eine gute Wahl als Eröffnung, denn die Laut-Leise-Dramaturgie zieht sofort tief hinein in die betörende Klangwelt der Londonerin.

Ein Hauch von Wehmut durchweht ihren Gesang

Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, als sie mit dem verzerrten Refrain-Riff ihrer Gibson SG die erwartete Fan-Freude auslöst. Die schwarz-anthrazitfarbene Gitarre, die sie direkt unter der Brust spielt, passt gut zu ihrem ärmellosen bodenlangen Kleid. Kein einziges Mal wird sie das Instrument während der 90-minütigen Show ablegen oder sich hinter dem Mikrofonständer wegbewegen. Offensichtlich ist die Bühne kein Lieblingsort der 29-Jährigen, wie sie kürzlich im Interview mit dem „Musikexpress“ zugegeben hat. Sie sei kein „natural performer“, habe sich lediglich ans Konzertegeben gewöhnt.

In der Tat sind die Intensität und die Dichte ihrer Alben schwer zu erreichen, doch ihre wunderbare Stimme live zu hören, ist ein umwerfendes Erlebnis. Deren stets von einem Hauch Wehmut durchzogene Wärme lässt jeden Raum und jeden Song sehnsuchtsvoll glühen. Worum es in den oft enigmatischen Texten geht, erscheint dabei zweitrangig. Zumal wenn Nilüfer Yanya wie bei „Mutations“ so unwiderstehlich ins Falsett abhebt.

Keine Streicherarrangements, dafür ein Saxofon

Wird ihr Gesang auf den Platten häufig verdoppelt, gesellt sich im Konzert immer wieder die Stimme von Jazzi Bobbi aus der vierköpfigen Band dazu, die ihre Akzente jedoch hauptsächlich mit dem Saxofon setzt. Diese sind ein Zusatz-Element der Konzerte, wohingegen die Streicherarrangements des hervorragenden aktuellen Albums live fehlen. Man vermisst sie aber auch nicht.