Neue Ausfälle und neue Hoffnung: So steht es um die deutschen Handballer vor der Heim-EM

Alfred Gislason hatte zunächst noch eine kleine Hoffnung. Diese verflog allerdings binnen kürzester Zeit, weil ihn dann doch die nächste Hiobsbotschaft ereilte: Rechtsaußen Patrick Groetzki, mit 34 Jahren einer der erfahrenen, emotionalen Anführer in der deutschen Handball-Nationalmannschaft, verletzte sich am Samstag beim 35:31-Sieg im Testspiel gegen Portugal in Kiel am rechten Fuß und fällt für die am 10. Januar beginnende Europameisterschaft im eigenen Land aus.

Ein weiterer Rückschlag für den Bundestrainer, der aus seinem an sich festgelegten 19er-Kader in der vergangenen Woche verletzungsbedingt bereits den Hannoveraner Marian Michalczik hatte streichen müssen.

Seit vier Jahren leitet der Isländer nun die DHB-Auswahl an, seit vier Jahren ist seine Arbeit von Absagen gezeichnet. Die für ihn bitterste wurde ihm darüber hinaus an diesem Wochenende noch einmal prominent präsentiert. Denn Hendrik Pekeler, die Abwehrkante vom THW Kiel und einer der besten Kreisläufer in der Welt, wurde im Rahmen des Länderspiels offiziell verabschiedet.

Wie schmerzhaft dieser Verlust für den Trainer ist, zeigt der Fakt, dass er das Ganze scheinbar gänzlich verdrängt zu haben schien und offiziell verkündete, nichts vom Rücktritt gewusst zu haben, bevor er tags darauf zurückruderte und zugab, es „verpennt“ zu haben. Wieder und wieder hatte er in der jüngsten Vergangenheit betont, dass der Routinier die Mannschaft qualitativ auf ein anderes Niveau heben würde – letztlich stießen seine Lobeshymnen bei dem 32-Jährigen aber auf taube Ohren, ist das Kapitel Pekeler für die Nationalmannschaft erst einmal geschlossen.

Dieser Schlussstrich könnte der deutschen Auswahl aber ganz gut stehen. Denn nun heißt es nicht mehr Warten auf Pekeler, sondern Vertrauen in den aktuellen Kader. Jetzt heißt es, sich auf das Heim-Turnier zu konzentrieren und mit dem verbliebenen Personal zu arbeiten. Und da sind Gislasons Jungs in der Breite wesentlich besser aufgestellt und eingespielt als es noch bei den vergangenen Turnieren der Fall war.

Während sich die Startformation um Torhüter Andreas Wolff, Mittelmann Juri Knorr, Kreisläufer Johannes Golla sowie die Außen Timo Kastening und Lukas Mertens größtenteils quasi von allein aufstellt, haben die Testspiele gezeigt, dass die Optionen auf den Halben gestiegen sind. Ein Julian Köster muss beispielsweise nicht mehr 60 Minuten in der Abwehr und im Angriff durchrackern, weil die jungen, nachgerückten Akteure überzeugen konnten – und das gilt auf allen Positionen.

Nach der Lehrgangswoche in der abgeschiedenen Hafenstadt Brunsbüttel scheint die Mannschaft noch einmal enger zusammengerückt und wirkt auf und abseits des Feldes in sich homogen. „Insgesamt ist das Fazit zur Stimmung und zum Gesamtauftritt sehr gut“, resümierte Gislason nach der finalen Vorbereitung. „Was uns noch fehlt ist die Konstanz. Aber wir haben jetzt noch etwas Zeit für den Feinschliff und dann wollen wir uns im Turnier von Spiel zu Spiel steigern.“

Die Konstanz – das war bisher wirklich so eine Sache. Sowohl am Samstag als auch in der Begegnung gegen die Portugiesen am Donnerstag hatten sich das junge deutsche Team erst einen ordentlichen Vorsprung aufgebaut, um es am Schluss noch einmal unnötig spannend zu machen.

Hier wird es darum gehen, die kritischen Phasen zu verkürzen und einfache Fehler zu vermeiden. Die Luft nach oben in Angriff und Abwehr auszufüllen. „Wir sind aber auch zweimal zurückgekommen“, hob Gislason hervor, der sich trotz der Ausfälle nach außen weiter zuversichtlich gibt.

Ein großes Ziel wollte er derweil für das Turnier nicht benennen, betonte aber „natürlich möglichst weit kommen“ zu wollen. Hauptsächlich gehe es der Mannschaft aber darum, Euphorie zu entfachen, Deutschland zu begeistern und sich dann bestmöglich von der Stimmung tragen zu lassen. In Kiel hat das bereits gut funktioniert. Jetzt liegt die Hoffnung auf der EM und darauf, dass weitere Hiobsbotschaften ausbleiben.