Horror-Missbrauch im Pflegeheim: Nicht schuldfähig! Dementer Opa vergewaltigte Seniorinnen
Über Monate soll ein demenzkranker Mann in einem Pflegeheim ebenfalls demente Mitbewohnerinnen missbraucht haben. Patientenschützer kritisieren die Tabuisierung von sexueller Gewalt in Heimen – doch wie können Pflegeheime Bewohner schützen?
Nicht schuldfähig! Prozess um Vergewaltigung von Demenzpatientinnen
Der demenzkranker Mann, der in einem Spezialpflegeheim bei München mehrere Frauen missbraucht haben soll, muss in einer psychiatrischen Einrichtung bleiben. Das entschied das Landgericht München II, wie eine Gerichtssprecherin am Freitag bestätigte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann seine ebenfalls erkrankten Mitbewohnerinnen in dem auf Demenzerkrankungen spezialisierten Pflegeheim mehrfach missbraucht hat. Über Monate verging er sich demnach immer wieder an ihnen, eine der Frauen soll er viermal vergewaltigt haben.
Demenzkranker Bewohner missbraucht mehrmals Seniorinnen
Der Mann ist nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht schuldfähig und war in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht, in der er nun nach dem Urteil des Gerichts bleiben soll. Der Prozess hatte Patientenschützer auf den Plan gerufen. Für sie ist die entscheidende Frage, wie es dazu kommen konnte, dass der heute 78-Jährige sich über den Zeitraum von rund einem halben Jahr in 27 Fällen an wehrlosen Mitbewohnerinnen vergehen konnte. Ermittlungen gegen Mitarbeiter des Pflegeheimes wurden eingestellt.
Mitarbeiter haben Opfern nach Missbrauch geholfen
“Damit ein Demenzerkrankter sich monatelang an Mitbewohnerinnen vergehen kann, müssen viele Beteiligte lange tatenlos zugesehen haben”, sagt Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. “Das ist nicht hinnehmbar.”
Laut Staatsanwaltschaft blieben die Übergriffe tatsächlich keineswegs verborgen. Immer wieder schritten Mitarbeiter und auch der Heimleiter selbst nach kurzer Zeit ein, um den Mann von seinem jeweiligen Opfer zu trennen und den Frauen zu helfen. “Nach Überprüfung durch hiesige Behörden konnte weiteren Personen kein konkreter Vorwurf im Zusammenhang mit den Taten des hiesigen Beschuldigten gemacht werden», sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II, Andrea Mayer, zwar und betont:«In dem Verfahren gibt es keine weiteren Beschuldigten.”
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Wie können Heimbewohner:innen vor Vergewaltigungen geschützt werden?
Markus Sutorius, Jurist beim BIVA-Pflegeschutzbund, sagt aber: “Natürlich hat eine Einrichtung allen ihren Bewohnern gegenüber eine Fürsorgepflicht und die ist zu erfüllen.” Unabhängig davon, ob strafrechtliche Vorwürfe wie unterlassene Hilfeleistung oder sogar Beihilfe durch Unterlassen in solchen Fällen womöglich als Vorwürfe gegen eine Einrichtung infrage kämen, könnten in jedem Fall Schmerzensgeldforderungen im Raum stehen. “Wenn Bewohner nicht ausreichend vor Straftaten geschützt werden, hat die Einrichtung ja wahrscheinlich gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen.”
Zwar sei es nicht leicht, einen demenzkranken, nicht zurechnungsfähigen Bewohner aus dem Heim zu werfen – auch dann nicht, wenn er Straftaten begeht. Denn er sei nun einmal wegen seiner Krankheit nicht schuldfähig. “Es besteht keine Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen, weil das auch ein Verschulden voraussetzt.”
Dennoch hat ein Pflegeheim in einem solchen Fall aus Sicht von Sutorius durchaus Handlungsoptionen: Strafanzeige zu stellen beispielsweise und sich darum zu bemühen, dass ein mutmaßlicher Sexualtäter in eine Psychiatrie eingewiesen wird.
“Wir hören oft in Pflegeeinrichtungen von sexuellen Übergriffen dieser Art, weil demente Menschen nun einmal enthemmt sind”, sagt Sutorius. “Da haben die Einrichtungen dann riesengroße Probleme.”
Patientenschützer Brysch führt einen Fall wie den nun vor dem Landgericht München II verhandelten auch auf die Tabuisierung von Sexualität in Pflegeheimen zurück. “Sexualität in Pflegeeinrichtungen ist noch immer ein Tabu-Thema. Übergriffe unter Pflegeheimbewohnern kommen häufiger vor als gedacht und geschehen selten unbemerkt”, sagt er und fordert “eine Kultur des Hinschauens” – vor allem weil Betroffene, sofern sie überhaupt noch in der Lage sind, sich zu äußern, aus Scham oft schweigen. Brysch fordert externe Anlaufstellen, an die sich Opfer auch anonym wenden können. Außerdem sei das Team einer Einrichtung besonders gefordert, gerade wenn Angehörigen der nötige Einblick fehlt. “Deswegen muss auch auf allen Ebenen über sexualisierte Gewalt geredet werden.”
Nach Angaben einer Gutachterin leidet der Mann an einer massiven “Denkstörung”, er könne sich nur in einzelnen, unzusammenhängenden Worten äußern. “Es war im Prinzip ein Wortsalat.” 27 einzelne Fälle wirft die Staatsanwaltschaft ihm vor.
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bos/sig/news.de/dpa