Elektrisierende Messe: Dubai wird zum Kunstmarktzentrum im Nahen Osten
Mutter Erde überflutet den monumentalen Bildschirm mit funkensprühenden, hypnotisch pulsierenden Farbfontänen, die sich in Wellen und Wogen bewegen, in Strudeln explodieren und immer wieder neu formen.
Das multimediale Ouchhh-Studio mit Hauptsitz in Istanbul hat Datenströme aus dem Satelliten-Netzwerk der Nasa, die den Klimawandel in Echtzeit dokumentieren, mithilfe von künstlicher Intelligenz in die gigantische Leuchtskulptur „MotherEarth“ übersetzt: ein hochenergetisches Gemälde aus Daten und Algorithmen – eine Hommage an unsere Natur und zugleich Botschaft, Verantwortung für sie zu übernehmen.
Das Werk vor dem Eingang zur digitalen Sektion der Art Dubai wirkt wie ein Symbol für die geballte Energie, die diese Ausgabe der Messe mit ihren rund 120 Ausstellern aus 65 Ländern und fünf Kontinenten ausstrahlt.
Digitale Smartness, nicht zuletzt, um unter Einsatz von High Tech auch das eigene Kulturerbe zu bewahren, Innovation und Tradition zu verbinden, ist eines der Hauptanliegen des Hauptsponsors A.R.M. Holding, der Investmentgruppe von Scheich Ahmed Bin Rashid Al Maktoum, jüngster Bruder des Herrschers von Dubai.
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Ein Jahr vor ihrem 20. Jubiläum beweise die Messe, so ihr künstlerischer Direktor Pablo del Val, ihre DNA als „Fenster zum globalen Süden“ stärker denn je. Hierzu passt, dass die Österreicherin Dunja Gottweis, zuvor für die Art Basel als Global Head of Gallery Relations tätig und zuletzt für die Messen in Basel, Hongkong, Miami und Paris verantwortlich, neue Messedirektorin ist und weitere Kuratoren die inhaltliche und programmatische Qualität zusätzlich steigern sollen.
Stabile Beziehungen zu den Sammlern der Region
In den beiden Haupthallen der Madinat Jumeirah, dem größten und luxuriösesten Ressort im Emirat, dominieren Galerien aus dem Nahen Osten, Iran, aus Indien, Korea, Indonesien, Pakistan, Afrika, China, Lateinamerika oder der Karibik.
Ihre europäischen Kollegen, darunter die Global Player Perrotin, Continua oder Almine Rech, haben Dubai früh als multikulturelles Kunstmarktzentrum des Nahen Ostens entdeckt und inzwischen stabile Beziehungen zu den Sammlern der Region entwickelt, die ihrerseits zunehmend global wie lokal kaufen.
Am Previewtag der Messe herrschte eine fast euphorische Stimmung unter den angereisten Museumdirektoren, darunter Mohamed Almusibli (Kunsthalle Basel), Stephanie Rosenthal (Guggenheim Abu Dhabi) und Hans Ulrich Obrist von der Serpentine Gallery in London, dazu Kuratoren wie Azu Nwagbogu, Gründer und Leiter der African Artist’s Foundation (AAF), und Sammler wie Reem El Roubi & Amir Daoud, Natalia Kapchuk, Farhad Bakhtiar oder Sultan Al Qassimi.
Die Zahl der Millionäre in Dubai steigt
Von der Wirtschaftskrise, die Europa und die USA heimsuchen, ist hier wenig zu spüren, im Gegenteil. Ben Floyd, CEO der Art-Dubai-Gruppe, deren Flaggschiff neben der Dubai Design Week vor allem die Messe ist, zitiert eine Studie von Henley & Partners, nach der sich die Zahl der Millionäre in Dubai in den letzten zehn Jahren verdoppelt habe und bis 2035 erneut verdoppeln soll: „Zweifelllos profitieren hiervon der Luxussektor und die Kunst.“
Was die Art Dubai bereits am Previewtag eindrucksvoll belegt. So verkaufte die in Stockholm und Paris etablierte Galerie Andréhn-Schiptjenko mehrere Werke zu Preisen zwischen 17.000 und 30.000 Euro, darunter fragil-mystische Bronzen der französisch-amerikanischen Bildhauerin Sabine Mirlesse.

© CEDRIC RIBEIRO
In ihre wie Schnüre an der Wand befestigten Arbeiten hat die Künstlerin Fulgurite eingearbeitet, Gesteine, in die ein Blitz einschlug. Erfolgreich ist auch der deutsche Künstler Michael Sailstorfer bei Carbon 12 aus Dubai mit der Serie „Air Electric“, für die er Gleichstrom und dünnes Kupfergewebe verwendet, um faszinierende, halb abstrakte Landschaften gewissermaßen elektrisch zu malen (rund 11.000 Euro).
Messe mit Wachstumspotenzial
Auch Fotoarbeiten von Julian Charrière aus der Serie „Sunsets in Stone“ (25.000 Euro) sind gefragt, der Schweizer Künstler ist in Dubai am Stand von Sponsor Ruinart und seiner französischen Galerie Perrotin präsent. Gerade hat Perrotin den jüngsten Standort in Dubai eröffnet; Direktorin Cécile Attal ist sich sicher: „Es gibt wenige Regionen mit diesem Wachstumspotenztial“.
Dank des europäischen Fonds Colony Investment, der 51 Prozent der Galerie erworben hat, ist ihre Zuversicht nachvollziehbar. Noch waren Highlights am Stand, darunter Takashi Murakamis Mangastyle-Blüten-Tondo (um 400.000 Euro) nicht verkauft, und auch am Stand von Continua warten bedeutende Werke wie eine Spiegelarbeit von Michelangelo Pistoletto (190.000) auf Sammler. Doch das schnell verkäufliche Preisspektrum der Messe bewegt sich zwischen 5000 und 50.000 Euro: Was darüber hinausgeht, benötigt mehr Zeit.
Die Perspektiven für Dubai als interessanter Kunsthotspot des Nahen Ostens und seine Messe Art Dubai könnten nicht besser sein, zumal nun auch Saudi-Arabien massiv in zeitgenössische Kunst investiert. Die neuen Player des zeitgenössischen Kunstmarkts vernetzen sich. Sie haben offensichtlich begriffen, dass Beziehungen aus der Vielfalt der Unterschiede entstehen.