Ein schwäbisches Feschtle
Ein paar inzwischen leicht beleibte und auch gräuliche Herren hatten vor dem Spiel den Rasen in der Stuttgarter Arena betreten. Teile der Meistermannschaft aus dem Jahr 1992 um Weltmeister Guido Buchwald sollten dem VfB Stuttgart am Samstag Glück bringen. Ein Sieg gegen den 1. FC Köln bei einer gleichzeitigen Niederlage von Hertha BSC bei Borussia Dortmund würde den schwäbischen Traditionsverein vor dem Gang in die Relegation retten.
Und dem VfB war das Glück wie fast auf den Tag genau vor 30 Jahren hold. Er siegte durch einen Treffer in der Nachspielzeit 2:1 gegen Köln, während der BVB gegen den Klassenverbleibs-Rivalen Hertha spät noch zum Sieg kam.
„Es ist unglaublich, wie das Stadion nach dem zweiten Tor explodiert ist. Ich kann glücklicher nicht sein“, sagte Siegtorschütze Wataru Endo. „Wir haben es gemeinsam geschafft. Die Fans haben uns unglaublich angefeuert und uns noch einmal zurückgebracht. Danke für die Unterstützung.“
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Die Begegnung hatte aus Schwaben-Perspektive vor knapp 60.000 Zuschauerinnen und Zuschauern schon wunderbar angefangen. Der VfB drückte die Kölner gleich nach dem Anpfiff in deren Spielhälfte fest. Die Führung durch den sehr auffälligen Angreifer Sasa Kalajdzic in der 12. Minute war die logische Konsequenz. Kurz zuvor hatte der Österreicher noch einen Strafstoß vergeben. Apropos Chancenverwertung: Wie so oft in dieser Spielzeit war dies auch am Samstag das Problem bei den Stuttgartern. Es hätte zur Halbzeit schon deutlich mehr herausspringen können. Die größten Möglichkeiten auf einen komfortableren Vorsprung vergaben allerdings Endo (34./36.) und Tiago Tomás (45. +2).
So aber blieben die Kölner im Spiel. Und mal wieder bewahrheite sich die alte Fußballweisheit, dass derlei Unvermögen irgendwann bestraft wird. Kölns Torjäger Anthony Modeste nutzte in der 59. Minute einen katastrophalen Torwartfehler von Florian Müller zum Ausgleich. Es war dies bereits der 20. Saisontreffer des Kölner Angreifers in der Liga.
Danach ging es zwischen den beiden Mannschaften hin und her. Die Stuttgarter wollten die Relegation vermeiden, und die Kölner in die Europa League. Doch entweder verhinderte der überragende Marvin Schwäbe im Tor der Kölner den Einschlag (wie gegen Omar Marmoush in der 82. Minute) oder aber irgendein Verteidigerbein hüben wie drüben klärte im letzten Augenblick.
Als dann im Stadion so langsam alle den Eindruck gewonnen hatten, dass das Schicksal keinen weiteren Treffer mehr zulassen würde, traf doch noch einer: VfB-Kapitän Endo köpfte in der 92. Minute zum 2:1 ein.
Danach brachen alle Dämme. Auch die Ordner konnten die auf den Rasen drängenden Zuschauer nicht aufhalten. Viele warteten auf die Mannschaft, die aber wegen des dichten Gedränges zunächst nicht aus den Katakomben zurückkehren wollte.
Die Emotionen schlugen wirklich Purzelbäume beim Anhang wie bei den direkt Beteiligten. Der neue VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle wurde im Stadion auf Händen getragen, kämpfte sich dann durch zum Interview mit dem Sender Sky. Dort angekommen, fiel er nach wenigen Worten dem Reporter mehrfach um den Hals. „Das sind Emotionen, es ist in Worte kaum zu fassen“, sagte er und brüllte: „Jaaaaa!“ (Tsp mit dpa)