Die Volleys treffen auf einen alten Bekannten
Julian Zenger ist nur schwer zu verstehen. Immer wieder wird er von Stimmen übertönt, die sich im Hintergrund angeregt unterhalten. „Das ist das italienische Temperament“, sagt er und lacht, „die Stimmung ist sehr gut.“ Mit dem Bus fahren Zenger und seine Teamkollegen von Trentino Volley gerade zu einem Spiel gegen Mailand.
Der Kontrast zu seinem alten Verein, den BR Volleys, könnte kaum größer sein: Auf deren Busfahrten geht es meist eher ruhiger zu, viele Spieler nutzen die Fahrt um zu schlafen oder zu zocken. Es sei denn, sie haben gerade einen wichtigen Sieg eingefahren, dann wird in seltenen Fällen auch mal das Karaoke-Mikrofon ausgepackt.
Am Donnerstag gibt es für Zenger endlich ein Wiedersehen mit den ehemaligen Kollegen. Dort empfängt Trentino im Viertelfinale der Champions-League die Berliner (20.30 Uhr/live im Stream bei rbb24.de) ; einige Spieler wie Benjamin Patch und Sergej Grankin kennt Zenger noch aus der vergangenen Saison. „Ich habe mich natürlich sehr gefreut. Es ist immer schön gegen den alten Verein zu spielen, deshalb bin ich echt happy.“ Bereits im vergangenen Jahr trafen die beiden Vereine im Viertelfinale aufeinander, damals setzte Trentino sich souverän durch. Bei seinem Verein habe niemand damit gerechnet, auch dieses Mal gegen Berlin spielen zu müssen, erzählt Zenger. „Das ist echt lustig. Das Losglück kam noch ein zweites Mal.“ Auch seine Teamkollegen würden sich auf ein Wiedersehen freuen. „Trento ist eher ländlich. Da ist es schön mal wieder eine Großstadt zu sehen.“
Schnell in Italien eingelebt
Am Ende der vergangenen Saison stand Zenger zunächst ohne Verein da, aber das änderte sich schnell, als er bei der Nations League mit der Nationalmannschaft viele Spieleinsätze erhielt. „Danach hat sich die Möglichkeit aufgetan, nach Italien zu kommen und die habe ich natürlich ergriffen.“ Zenger selbst habe nicht damit gerechnet, dass ein so prominenter Verein, der in der vergangenen Saison sogar das Champions-League-Finale erreichte, ihn verpflichten würde. Umso größer sei die Freude gewesen.
In Italien hat er sich schnell eingelebt, auch die Sprache bereitet ihm keinerlei Probleme mehr. Ein paar Wortfetzen habe er bereits während seiner Zeit mit Nationaltrainer Andrea Giani aufgeschnappt, erzählt Zenger. Nachdem er seinen Vertrag bei Trentino unterschrieben hatte, begann er dann intensiv Italienisch zu lernen. Mittlerweile gibt er sogar ganze Interviews. „Ich unternehme viel mit meinen Kollegen, deshalb ging es zum Glück relativ schnell. Aber Luft nach oben ist immer“, sagt er und lacht. Mit seinen Teamkollegen macht er gerne Ausflüge die Umgebung. „Wir sind eine Mannschaft, die viel Zeit zusammen verbringt. Das merkt man auch auf dem Feld.“
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Seine eigene Rolle auf dem Spielfeld habe sich mit dem Wechsel nach Italien verändert, erzählt Zenger. Aufgrund des hohen Niveaus der Liga habe er sich weiterentwickelt und „Schritte in die richtige Richtung gemacht.“ Gleich zu Beginn der Saison gewann er mit seinem Team den Supercup und wurde Dritter bei der Klub-Weltmeisterschaft – für Zenger eines der Highlights des Jahres.
An die Erfolge will er nun gegen Berlin anknüpfen, doch Zenger weiß um den starken Kader. „In der deutschen Liga stehen sie ziemlich gut da und in der Champions League haben sie zwei sehr gute Spiele gegen die Russen gemacht. Sie sind eine starke Mannschaft.“
“Der Verband musste diesen Entschluss fassen”
Ein wenig überschattet wird die auch dieses Turnier von dem Krieg in der Ukraine. Nach der Invasion wurden sämtliche russische Vereine aus der Champions-League ausgeschlossen, mittlerweile wurde auch die WM verlegt, die ursprünglich in Russland stattfinden sollte. Volleys-Geschäftsführer Kaweh Niroomand hält den Ausschluss der Vereine für die richtige Entscheidung. “Ich bedauere es für jeden einzelnen Sportler. Aber in der gegenwärtigen Lage musste der Verband diesen Entschluss fassen.”
Damit wolle man nicht dem einzelnen Sportler wehtun, sondern zeigen, dass es Grenzen und Regeln des internationalen Zusammenlebens gebe. “Wir können nicht erwarten, dass alles im Leben normal weiterläuft. Der Sport kann nicht weitergehen, solange diese wichtigen Regeln, nämlich die Anerkennung anderer Staaten und anderer Völker mit Füßen getreten werden.”
Trentino hat sich in den sozialen Medien bereits mit der Ukraine solidarisiert und einen Spendenaufruf gestartet. Auch die Volleys haben in der vergangenen Woche deutliche Worte gefunden und Sachspenden zur Grenze gefahren. Insofern dürfte das Spiel am Donnerstag zumindest in der Volleyball-Welt ein Zeichen setzen, dass der Sport in keiner Weise mit dem aggressiven Vorgehen Putins zu vereinbaren ist.