Der DFB setzt auf Evolution statt Revolution
Diese Nachricht ist wirklich spektakulär. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat einen Nachfolger für den scheidenden Bundestrainer Joachim Löw gefunden. Hansi Flick übernimmt nach der Europameisterschaft die Nationalmannschaft. Er hat am Dienstag einen Vertrag bis zur EM 2024 unterschrieben.
Spektakulär ist an dieser Nachricht nicht, dass es Flick wird; das hat sich seit Wochen abgezeichnet. Spektakulär ist, dass sich beim DFB unter all den Funktionären auf Abruf überhaupt noch jemand gefunden hat, der mit dem designierten Bundestrainer die Verhandlungen führen konnte.
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In den vergangenen Wochen und Monaten hat der DFB ein Bild des Jammers und des Schreckens angegeben, insofern ist es sehr beruhigend, dass zumindest die Besetzung der wichtigsten sportlichen Position im Verband rasch geklärt werden konnte. Denn so wie sich der DFB aktuell präsentiert, wäre es zumindest nicht ausgeschlossen gewesen, dass ein verdienter Mitarbeiter der Haustechnik interimsmäßig als Bundestrainer hätte einspringen müssen.
Hansi Flick ist daher genau das, was der aufgewühlte Verband jetzt braucht und was ihm an vielen anderen Positionen fehlt: eine verlässliche Größe.
Flick überzeugt durch seine menschliche Art
Flicks Entwicklung ist in jüngerer Vergangenheit konträr verlaufen zu der seines künftigen Arbeitgebers. Als Assistent von Joachim Löw war er auch irgendwie dabei, ein blasser Arbeiter, der sich am liebsten im Hintergrund gehalten hat und dem die große Bühne eher suspekt war. Doch Flick, dessen Wirken in Fachkreisen immer schon geschätzt wurde, hat sich durch seine Arbeit bei den Bayern breite Anerkennung verschafft. Als er im Herbst 2019 bei den Münchnern vom Co- zum Cheftrainer befördert wurde, hat er eine kaputte Mannschaft übernommen und sie innerhalb weniger Monate zum größtmöglichen Erfolg geführt.
Im Grunde wird die Arbeit bei der Nationalmannschaft für Flick nichts anderes sein als die Fortführung seiner Tätigkeit als Bayern-Trainer. Das Personal ist zu großen Teilen identisch, und auch in seinem neuen Amt wird er vor allem als Moderator gefragt sein. Gerade in dieser Rolle und mit seiner menschlichen Art hat er in München geglänzt.
Der radikale Bruch bleibt aus
Nur noch wenige Wochen sind es, bis Joachim Löw nach dann 15 Jahren als Bundestrainer aus dem Amt scheidet. Der DFB hat der Versuchung widerstanden, seinen Abschied zum Anlass für eine echte Zäsur zu nehmen. Einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit wird es mit Flick nicht geben. Dafür war er selbst lange genug Teil des Systems.
Der Wunsch nach einer Revolution nach der zuletzt etwas bleiernen Zeit unter Löw ist durchaus verständlich. Er überschätzt aber den Einfluss eines Nationaltrainers und auch die Attraktivität dieses Jobs. Das Kraftzentrum des modernden Fußballs hat sich längst zu den großen internationalen Vereinen verlagert, die Champions League ist als dessen Mustermesse viel bedeutsamer als eine WM- oder EM-Endrunde. Insofern wird man die wirklich innovativen Trainer eher bei den großen Klubs finden als bei den Nationalmannschaften.
Flick ist ganz sicher kein Revolutionär, und seine Bestellung zum Bundestrainer weder spektakulär noch besonders originell. Und trotzdem kann er für die Nationalmannschaft genau der Richtige sein. Gerade weil sie jemanden braucht, der den von Löw eingeleiteten Umbruch sozialverträglich zu Ende bringt.