Mensch Pistorius : Herlinde Koelbl porträtiert den Verteidigungsminister
Was ist Macht, wie übt man sie aus? „Ich will Entscheidungen treffen auf einer möglichst breiten Grundlage von Fakten und Meinungen. Deswegen führe ich vor allen Dingen durch Teamarbeit. Es braucht immer Zeit, bis ein offener Austausch von Argumenten implementiert ist, aber das ist mein Führungsanspruch“. So erklärt sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius im Gespräch mit Herlinde Koelbl, die ihn ein Jahr lang begleitet hat.
Kanzlerkandidat der SPD ist er nicht geworden. Aber die berühmte Fotografin und Chronistin hat ein Buch über ihn gemacht. Dies ist bisher nur Angela Merkel widerfahren. Eine Monografie des Mannes, der als Deutschlands beliebtester Politiker gilt: Im Max-Liebermann-Haus am Brandenburger Tor haben die Künstlerin und der Politiker das aktuelle Werk vorgestellt.
„Boris Pistorius: Aufbruch“ ist kein Coffee-Table-Book, vielmehr ein handliches Format, ein Reader. Das passt zu einem Verteidigungsminister in diesen Zeiten und zu einem Pragmatiker, der in nur zwei Jahren das sonst so ungeliebte Schleudersitzamt neu definiert hat: „Ich hatte Bock auf den Job, aber ich musste nichts mehr werden“, sagt Pistorius an diesem Abend, den der Journalist Michael Bröcker moderiert, weniger als zwei Wochen vor der Bundestagswahl und bald drei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Ein großes Zukunftsthema spricht Pistorius jetzt an. Die Schuldenbremse funktioniert so nicht mehr. Angesichts der Bedrohung müsse man für die Verteidigung aus dem Kleinklein von Haushaltsjahren und sogar Legislaturperioden herauskommen. Das erforderten die neuen Technologien und Planungsprozesse. Die Zeitenwende hat erst begonnen. Beim TV-Kanzlerduell haben weder Scholz noch Merz so weit vorausgeblickt.