1. FC Union stürmt entschlossen Richtung Europa
Es verblieb noch fast eine halbe Stunde bis zum Anpfiff im Stadion An der Alten Försterei, als Christian Arbeit die Gästefans besonders freundlich begrüßte. Die Reise der 30.000 Frankfurter zur Europapokalgala in Barcelona unter der Woche sei „inspirierend für uns alle, die das auch irgendwann mal versuchen wollen“, sagte der Stadionsprecher des 1. FC Union. Die eigenen internationalen Erfahrungen in dieser Saison in der Conference League haben bei den Berlinern Lust auf mehr geweckt – und das gilt nicht nur für die Fans.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Mit der exzellenten Leistung beim 2:0 (2:0) vor 22.012 Zuschauern gegen Eintracht Frankfurt am Ostersonntag haben auch Unions Profis eine weitere eindrucksvolle Bewerbung für einen Europapokalplatz abgegeben. In der Tabelle haben sich die Berliner damit auf Rang sechs verbessert und durch den dritten Sieg in Folge viel Selbstvertrauen gesammelt für das nächste Highlight, das Pokal-Halbfinale am Mittwoch bei Rasenballsport Leipzig. Die Vorfreude sei riesengroß, sagte Grischa Prömel. „Wir werden alles dafür tun, um ins Finale einzuziehen. Das hat sich die Union-Familie verdient.“
Mit einer weiteren Leistung gegen Frankfurt muss sich Union auch in Leipzig nicht verstecken. Gegen einen Gegner, der den großen FC Barcelona vor drei Tagen phasenweise vorgeführt hatte, spielten sich die Berliner in der ersten Halbzeit regelrecht in einen Rausch und hätten durchaus mit drei oder vier Toren führen können. Die ganze Entschlossenheit, die Union dabei an den Tag legte, war kondensiert in der 20. Spielminute zu sehen – oder wie es Trainer Urs Fischer sagte: „Das ist die Mentalität, die du brauchst.“
Nach einer viel zu langen Flanke von der rechten Seite hatten die Frankfurter Abwehrspieler bereits abgeschaltet und auch die Berliner Angreifer drehten langsam ab. Nur Prömel sprintete dem Ball in einem unmöglich erscheinenden Kraftakt Richtung Eckfahne hinterher und sicherte ihn mit einer Paolo-Maldini-Gedächtnisgrätsche kurz vor dem Aus.
Über Niko Gießelmann und Genki Haraguchi landete das Spielgerät erneut bei Prömel, der mit einem formvollendeten Schlenzer ins lange Eck traf. Es war das 2:0, nachdem sich zehn Minuten zuvor schon Taiwo Awoniyi robust gegen Martin Hinteregger durchgesetzt hatte und Union mit einem flachen Linksschuss in Führung gebracht hatte.
Die Frankfurter wirkten von der Berliner Wucht über weite Strecken überwältigt und hatten dieser trotz sechs Wechseln in der Startformation nicht viel entgegenzusetzen. Das hatte sicherlich auch mit der physischen sowie mentalen Erschöpfung nach dem Highlight am Donnerstagabend zu tun, vor allem aber mit Unions Entschlossenheit. „Wir haben sie ein Stück weit überrollt und das war auch unser Plan“, sagte Rani Khedira.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Schon nach dem 0:2 standen die Frankfurter mit gesenkten Köpfen am Mittelkreis, da spürten sie vermutlich bereits, dass ihre Kräfte gegen einen so gut aufgelegten Gegner an diesem Tag nicht reichen würden. „Die Spieler haben alles versucht, alles herausgepresst, aber die Zitrone war heute leer“, sagte Frankfurts Trainer Oliver Glasner.
Abgesehen von einer Chance für Jens Petter Hauge, die Frederik Rönnow stark parierte, war die Eintracht offensiv nicht existent, der sonst häufig herausragende Filip Kostic kein Faktor. Dass es zur Pause nur 2:0 für Union stand, war angesichts weiterer guter Chancen für Sheraldo Becker, Khedira und Prömel die beste Nachricht aus Frankfurter Sicht. „Die erste Hälfte war bis auf die Effizienz nahezu perfekt“, sagte Prömel.
In der zweiten Hälfte reagierte Frankfurts Trainer Oliver Glasner mit einigen Wechseln und zumindest fing sich seine Mannschaft langsam wieder. Unions Offensivdrang war nun deutlich gebremst, doch in Gefahr geriet der hochverdiente Berliner Heimsieg nicht mehr. Fischer war dennoch nur teilweise zufrieden. „In der zweiten Hälfte waren wir zu passiv, das hat mir nicht so gut gefallen“, sagte Unions Trainer. „Am Mittwoch müssen wir 90 Minuten so spielen wie in der ersten Halbzeit.“